Wenn wir uns auf eine unserer kulinarischen Entdeckungsreisen begeben ist das meist abends zum Dinner oder seltener um die Mittagszeit für einen leckeren Lunch. Dieser kulinarische Bericht startet mitten in der Nacht. Genauer gesagt sind wir um kurz nach vier Uhr früh aufgebrochen um einen ganz besonderen Blick hinter die Kulissen in die Backstube der Bäckerei Wienerroither zu werfen. Warum wir extra mitten in der Nacht aufstehen um den Bäckern bei ihrer Arbeit über die Schultern zu schauen? Nun ja erstens weil ich als kulinarisch interessierter Mensch schon längst sehen wollte wie gutes, frisches und echtes österrichisches Brot und Gebäck entsteht und zweitens natürlich weil ich auch gehofft habe bei unserem Besuch den Profis ein paar Tipps und Tricks zu entlocken, damit mein hausgemachtes Brot & Gebäck auch endlich so fluffig und würzig wie die Weckerl aus der besagten Backstube schmecken. Warum ich seit diesem Besuch beschlossen habe Brot und Gebäck wirklich nur mehr regional vom Bäcker zu kaufen und mit viel größerem Respekt in meinen Kornspitz beißen werde, wisst ihr wenn ihr unsere Eindrücke aus der Backstube gelesen habt.

Noch nicht wirklich wach sind wir somit mitten in der Nacht nach Pörtschach ins Stammhaus der Bäckerei Wienerroither, die ihreszeichens mit zehn Filialen die größte Bäckerei in Kärnten ist, gedüst. Nichtsahnend welche Dinge und vor allem welcher Trubel uns hier erwarten wird. Fünf Minuten später befinden wir uns mitten in der vollen Backstuben-Action. Irgendwo zwischen Mehlbergen, riesigen Wägen bis oben hin voll mit frischen oder ungebackenen Brötchen und süßen Leckerein. Dazwischen unzählige Mitarbeiter die perfekt eingespielt sind und in einer Mordsgeschwindkeit Teige kneten, die Teiglinge in die Öfen oder eben wieder heraus verfrachten oder das frische Brot und die Weckerln an die Hotelierie und Gastronomie in Kärnten ausliefern.

Wenn ich heute an Brot und Gebäck denke dann hatte ich eigentlich eher riesige Maschinen, eine Fließbandproduktion und derartiges im Kopf. Da habe ich schon nicht schlecht gestaunt als ich in einem Teil der Backstube acht Bäcker und Bäckerinnen bei der händischen Herstellung von Mohnflesserln endeckt habe. Die sehen dafür aber dann alle so perfekt aus als wären sie maschinell hergestellt. „Gelernt ist gelernt“ erklärt mir einer der Bäckermeister. „Freilich gibt´s auch Zwischenschritte die wir maschinell erledigen wie zB. kneten oder portionieren, aber das Meiste wird noch händisch gemacht.“ Das ist auch das Besondere in den Backstuben von Bäckerein, dort wird händisch gearbeitet während für Ketten oder Supermärkte nur mehr maschinell produziert wird. Die sogenannte Semmelstraße ist dafür eine der faszinierenden Gerätschaften in der Stube wo der Teig auf der einen Seite hinein und die fertige, ungebackene Semmel herauskommt. Aber auch gilt Handwerk vor Maschine:  die Handsemmerln der Renner beim Wienerroither weil die fast nirgends mehr in Handarbeit hergestellt werden.

Auf unsere Frage hin wie modern die Semmelstraße ist erklärt uns der Chef des Familienbetriebes etwas später bei einem Kaffee (endlich Koffeein zum Klar Denken ;)), dass die Semmelstraße schon ewig Usus ist. Er als Inhaber des Traditionsunternehmens in dritter Generation, dass 1937 ein Jahr vor dem 2. Weltkrieges gegründet wurde, weiß auch wovon er spricht. Sein Opa Martin, ebenso Bäcker- und Müllermeist hat mit seiner Frau, einem Lehrling und einem Gesellen den heutigen Exzellentsbetrieb 1937 gegründet. Immer am Puls der Zeit, innovativ und mit viel Unternehmergeist hat sich der Betrieb bis heute zur modernen Bäckerei mit Kaffeehaus und allem Drum und Dran entwickelt. So habe ich auch nicht schlecht gestaunt als ich das System gesehen habe mit dem die Hotels ihre exakten Stückzahlen an Salzstangerln, Kornweckerln und Jourgebäcken bestellen können. Die werden dann praktischerweise auch direkt ins Hotel geliefert.

Noch mehr beeindruckt haben mich aber die riesigen Öfen in denen der wahre Schatz: das frisch gebackene Schwarzbrot gebacken wird. Von Vollkorn- über Bauernbrote oder traditionelle Hausbrotsorten wird alles erzeugt was das Frühstücker- und Jausenliebhaber Herz begehrt. Die beiden Chefs über die Öfen haben einiges zu erzählen, schließlich sind beide fast 28 Jahre im Betrieb. Während unseres Plauschs am Ofen werden rohe Brotlaibe auf der einen Seite in den Ofen „eingeschossen“ während auf der anderen Seite soeben mal unzählige Reindlinge (Rezept für Reindling gibt´s hier) aus dem Ofen kommen. Zu Ostern sind´s schon mal ein paar Tausend. Mir reicht dann der eine den ich selbst daheim in meiner Wahlkärntnerschaft backe. Die schauen aber so gut aus, dass ich ernsthaft überlege meinen nächste Ostern auch zu kaufen 😉

Das ist aber unser genereller Eindruck von der gesamten Backstube – alle Mitarbeiter sind fröhlich und gut gelaunt und zu meinem Glück auch in Plauderlaune. Sie erzählen mir dass sie alle gemeinsam an Brot und Gebäckinnovationen arbeiten und verraten mir die Details der Herstellung und was zum guten Geschmack, zur Haltbarkeit und Co. beiträgt. Und dabei spreche ich jetzt nicht von E-Nummern oder sonstigen Zusätzen, sondern von Fachwissen und ehrlicher, schwerer Arbeit. Die Liebe die alle Mitarbeiter in ihre leckeren Werke stecken schmeckt dann auch im Weckerl.

Das was man dann ein paar Räume weiter findet fällt dann jedenfalls unter die Kategorie Kunstwerke. So schön und vielseitig sind die süßen Köstlichkeiten die dort von sieben Konditoren zubereitet werden. Während wir uns unterhalten werden schon mal 64 Marmorkuchen aus den Formen genommen oder Unmengen an Obstkuchen hergestellt. Besonders gut kommt der Zwetschgenfleck an, aber gebacken wird hier alles was es an Süßspeisen in der Konditorei so gibt. Und mal ganz ehrlich, wer kann schon an den süßen österreichischen Klassikern wie Mohnkrone, Nussschnecke und Linzer Kipferln vorbeigehen. Von den letzteren wurden dann natürlich auch von Hand hunderte mit Marillenmarmelade gefüllt und in Schoko getunkt.

Untrennbar mit Brot und Gebäck ist die wichtigste Zutat, das Mehl damit verbunden. Seiner obersten Firmenphilosophie treu bezieht Martin Wienerroither sein Mehl zu über 80 Prozent aus Kärnten, den Rest aus Österreich. Das gesamte Mehl stammt aus der Kärntner Kropfitschmühle und ist damit reinstes Kärntner Qualitätskorn. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es hier keine künstlichen Ingredienzen braucht, sondern vielmehr Können, Handarbeit und Liebe zum Beruf zum guten Produkt führen.

Wer auch Lust auf einen Blick in eine Backstube zumindest in eine Miniversion davon bekommen hat, darf gerne jederzeit in der Wienerroither Filiale in Pörtschach vorbeischauen. Dort gibt´s jeden Tag einen Bäcker oder Konditor dem man beim Kneten und Backen über die Schulter schauen kann. Wen man dann schon dort ist empfehle ich dringend auch Brot und Gebäck mitzunehmen – denn das schmeckt echt nach Österreich und Heimat. Wer das Gebäck in seiner frischen Form gleich mit einem feinen Frühstück genießen will ist in Pörtschach auch richtig. An dem Tag mussten wir dringend wieder ins Bett weil wir diese Uhrzeiten wirklich nicht gewöhnt sind, haben aber fix beschlossen zum Frühstück zum Wienerroither wiederzukommen und das frische Gebäck in seiner besten Form zu genießen.

.s. cookingCatrin

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Vielen Dank an das Team vom Wienerroither für diesen Blick hinter die Kulissen!