Ewiges Eis & wilde Wasser


Unberührte Natur, schroffe Berge, Geysire und Vulkane, ewiges Eis und wilde Wasser – für all das steht Island. Neben Stockholm, Irland, Marokko und wie die Hotspots der Trend Victims alle heißen, ist Island somit sicherlich nur für die hartgesottensten Reiselustigen gemacht. Für einen Fotografen wie mich, hat sich jedenfalls nie die Frage gestellt, ob sich Island auszahlen würde oder nicht. Sondern nur, wann ich es endlich auf die Vulkaninsel im äußersten nordwestlichen Eckchen Europas schaffen würde. Im Rahmen eines Fotoworkshops von Walter Luttenberger, einem begnadeten Fotografenfreund aus der Steiermark, mit dem ich auch schon in Venedig war, hat sich mir im Mai 2018 endlich die Gelegenheit ergeben – und das gleich eine ganze Woche lang.

Weniger als 7 Tage würde ich diese Reise auch niemandem empfehlen. Und das nicht nur, weil die Reise preislich doch eher auf Schweizer Niveau angesiedelt ist, und somit nicht als regelmäßige Wochenendfahrt charakterisiert werden kann. Aber die Vielfalt an Fotospots und die Größe der Insel (mit knapp 103.000 km2 doch um ein Fünftel größer als Österreich) verlangt einfach Zeit und vor allem auch Ruhe zum Genießen.


… wo das Licht nie unter geht


Als wir – von München kommend – nach einem 4-stündigem Flug und 2 Stunden Zeitumstellung (zurück, also 2 Stunden früher) um 16 Uhr Ortszeit in Keflavik gelandet sind, haben wir uns – die Gruppe bestand aus 9 Fotografen plus Workshopleitern – gleich mal 2 größere Autos geschnappt. (Man glaubt gar nicht, wieviel Gepäck man braucht, wenn man als Fotograf auf Reisen geht.) Wir sind ins rund 50 km entfernte Reykjavik gefahren, wo wir die erste Nacht geschlafen sollten. Und nach quasi einem ganzen Tag unterwegs (Aufwachen um 5 Uhr früh in Klagenfurt und über Villach und Salzburg zum Abflughafen München, wo der Flug um 14 Uhr losging), war auch die nötige Bettschwere gegeben. Nur wollte das Licht nicht und nicht ausgehen. Und zwar generell nicht, sprich, mit einem Sonnenuntergang um Mitternacht (von den 3 Stunden „Nacht“ darf man sich dann maximal Dämmerung erwarten) und einem Sonnenaufgang um 3 Uhr Früh blieben einem als Tag-und-Nachterprobten Mitteleuropäer doch die Augen etwas offen, als es nach dem späten Abendessen um 23 Uhr noch immer fast taghell war. Gott sei dank sind sich allerdings die meisten Hotels dieser Herausforderung für müde ausländische Gäste bewusst. Es gibt  daher zumeist ausreichend dicke Jalousien, mit denen man die Mitternachtssonne zumindest teilweise ausblenden kann.


Berg & Wasserfall auf Snaefellsnes 


Am nächsten Tag hatten wir nach einem kräftigenden Frühstück rasch unser Gepäck zusammengepackt und sind – nein, nicht der Sonne entgegen, denn die schien leider nicht – trotz schlechter Wetterprognosen zu der nördlich von Reykjavik gelegenen Halbinsel Snaefellsnes aufgebrochen. Neben der grundsätzlich extrem beeindruckenden, weil wilden Landschaft mit schroffen Bergen, unzähligen Wasserfällen in allen Größen und Höhen und lavaschwarzen Berghängen, erwartete uns der formschöne, pyramidenartig spitz zulaufende Berg Kirkjufell und der gleich angrenzende, über 2 Kaskaden herunterströmende Wasserfall Kirkjufellfoss nahe der Ortschaft Grundarfjördur. Der steil aufragende Berg bildet vor dem herabstürzenden Wasserfall die perfekte fotografische Kulisse. Er hält auch seelenruhig still, im Gegensatz zu den Touristen, die dort herumwuseln. Aber damit sollte man so oder so an den meisten Spots rechnen, nachdem Island seit einiger Zeit einen touristischen Höhenflug hinlegt. Viele Toilettenanlagen und Cafes rund um die Naturhighlights sehen nicht nur sauber aus, sondern sind auch erst wenige Jahre alt. Da ist man ja von Mittel- und noch mehr von Südeuropa ja anderes gewohnt.

Am Weg nach Kirkjufell kreuzt man übrigens neben vielen Hektar an wildwachsenden Lupinen mehrere Male dick mit Moos überwachsene Lavafelder.  Diese Felder haben sich wie Mondlandschaften zwischen den steil abfallenden, schwarzen Berghängen und dem Meer eingebettet.

Autos trifft man auf dieser Halbinsel übrigens weniger als an der doch belebteren Südküste Islands. Es gibt aber immer wieder lustige Begebenheiten, wenn so wie in unserem Fall gleich eine ganze Gruppe am Straßenrand steht und in eine Richtung fotografiert. Denn sicher spätestens das zweite vorbeifahrende Auto bremst jäh herunter, bleibt stehen und die Insassen hüpfen mit gezückter Kamera heraus, eifrigst auf der Suche nach dem von so vielen Leuten fotografierten Fotomotiv. Denn wo so viele Leute in eine Richtung schauen, muss ja doch wohl ein interessantes Fotomotiv sein.

Neben dem Berg Kirkjufell findet man auf Snaefellsnes aber auch eine überaus beeindruckende, teilweise von der Lava geschaffene Steilküste. Diese führt entlang eines tollen Wanderweges mit bizarrsten Felsformationen. Absolut empfehlenswert ist daher dieser Abstecher an die Südküste der Halbinsel zwischen Port Arnarstapi (Felsentor Gatklettur), Hellnar und Londrangar. Nach vielen tollen Spots, noch mehr Kilometern in den Beinen und einem Haufen Fotos fielen wir abends (sprich wenig vor Mitternacht) alle trotz anhaltender Helligkeit in einem schlichten, aber sauberen Hotel an der Strecke – nach einem vorzüglichen Abendessen – in den Schlaf.


die Isländische Südküste


Der nächste Tag sollte nicht minder beeindruckend sein. Nach dem Frühstück ging es um 7 Uhr (Fotografenkrankheit, so früh aufzubrechen, denn man hat das beste Licht und könnte ja etwas verpassen) gleich los mit der Fahrt Richtung isländische Südküste. Rund um Vik sollten wir die nächsten 2 Tage verbringen. Untergebracht in einem gemütlichen Hotel im typisch reduzierten, aber praktischen isländischen Stil. Die Fahrt dorthin führte uns – diesmal sogar begleitet von zwischenzeitlichen Sonnenstrahlen, die in Verbindung mit Wattebausch-artigen Wolken coole Fotos erlaubten – über den einen oder anderen Abstecher weg von der Küstenstraße ein bisschen in das isländische Hinterland – nicht nur zum Dorf Geysir mit dem sprichwörtlich aus dem Boden schießenden kochend heißen Wasser, sondern davor auch noch auf eine wunderbare 45-minütige Wanderung zu einem unglaublich schönen, u-förmigen Wasserfall (Bruarfoss Wasserfall nahe Laugarvatn) mit türkisblauem Wasser. Die Wanderung dorthin ist allerdings etwas mühsam, geht sie doch – typisch isländisch – fast ungekennzeichnet durchs Unterholz. Man begleitet den Fluss die 3 Kilometer bis zum Wasserfall auf einem kleinen Trampelpfad durchs Dickicht. Unterwegs hat man unter anderem mit 2 kleineren Wasserfällen laufend eine tolle Aussicht. Die Wanderung zahlt sich definitiv aus, einerseits sorgt sie für Bewegung nach der Sitzerei im Auto, und andererseits ist der Wasserfall über viele unterschiedlich große Kaskaden ein gutes Fotomotiv.

 

 

Kurz vor dem Sonnenuntergang hinter dem Berg Eyjafjallajökull (ja, genau, das ist der „Unaussprechliche“, der mit seinem Vulkanausbruch 2011 den Flugverkehr in ganz Europa lahmgelegt hatte) waren uns noch ein paar Augenblicke Streiflicht auf einem riesigen hügeligen Lupinenfeld gegönnt, die wir auch gleich für eine letzte Fotosession an diesem Tag genutzt haben. Mit diesen Eindrücken und Gott sei Dank fest verdunkelten Fenstern genossen wir dann unseren wohlverdienten Schlaf.

 


Black Sand Beach


Obwohl der kommende Tag entlang des Reynisfjara Black Sand Beach wettermäßig nicht unbedingt begünstigt war, und es ständig leicht zu nieseln begann, hatten wir doch einen eindrucksvollen Tag. Schwarzer Sand, wie aus dem Meer herausschießende Felsspitzen und ein Wasserfall von rund 100m, hinter den man hineingehen kann (Seljalandsfoss). Das sind derart einzigartige Erlebnisse, die einem – nicht nur wegen der ultranassen Kamera, die hier täglich einem massiven Belastungstest unterzogen wird – sicher ewig in Erinnerung bleiben werden. Sehr beliebt in der erweiterten Umgebung ist auch der Skogarfoss. Der breite, hoher Wasserfall, der sich von uns jedoch – dicht in Regen eingehüllt – nicht fotografieren ließ. Empfehlenswert ist ein Besuch trotzdem. Außerdem liegt an einem Strand der Südküste Islands bei Vik eine in den 70er Jahren notgelandete amerikanische DC-3. Diese gibt – schon komplett verrostet und nur mehr ein Stahlgerippe – vor allem bei Dämmerung ein tolles Motiv ab. Nachdem unser Tag allerdings schon sehr sehr lang war, habe ich mir die gut 3-stündige Wanderung hin und zurück erspart (dieser Strandabschnitt ist von einem großen Parkplatz an der Straße aus nur per pedes erreichbar).